Bildungsbericht 2024 – Teil 1: Politisches Interesse an Weiterbildung auch in die Praxis umsetzen!
Am 17. Juni 2024 wurde der 10. Bericht "Bildung in Deutschland" veröffentlicht. Er wird von Bund und Ländern gefördert und von renommierten Forschungsinstituten gemeinsam verfasst. Der Bericht stellt Entwicklungen im gesamten deutschen Bildungswesen vor und reicht von der Frühen Bildung bis zur Weiterbildung im Erwachsenenalter. In diesem Artikel werden die wichtigsten Entwicklungen im Bereich Weiterbildung genauer betrachtet.
Das Weiterbildungsengagement in der Gesellschaft ist insgesamt auf einem hohen Niveau. Allerdings ist das gesetzte Ziel der Bundesregierung, die Weiterbildungsbeteiligung der Berufstätigen weiter zu steigern, noch nicht erreicht. Arbeitslose, Personen mit einem geringen Bildungsstand sowie Personen mit eigener Einwanderungsgeschichte weisen weiterhin eine unterdurchschnittliche Weiterbildungsbeteiligung auf. Die Gründe, warum sich Personen gegen eine Weiterbildung entscheiden sind u.a. familiale Verantwortung, fehlende finanzielle Ressourcen, fehlendes Wissen um Weiterbildung sowie fehlende Zugänglichkeit.
Auffällig ist, dass der Wunsch nach mehr Informationen und Beratung über Weiterbildungsmöglichkeiten deutlich gewachsen ist. Das bestehende vielfältige Informations- und Beratungsangebot ist möglicherweise zu unübersichtlich. Es bleibt abzuwarten, ob das neue Nationale Onlineportal für berufliche Weiterbildung (NOW) für eine bessere Übersicht sorgen kann. Ungeklärt bleibt außerdem, welcher Stellenwert den bereits bestehenden bundes- und landesweiten Datenbanken zukommen soll.
Die Digitalisierung drängt Bildungsträger innovative Lernangebote zu entwickeln. Ob das Wachstum digitaler Angebote Anbieter vom Markt drängt, bleibt zu beobachten. Die Beteiligung von Geringqualifizierten sowie von Personen im Alter von über 65 Jahren an Onlinelernformaten liegt deutlich unter der durchschnittlichen Beteiligung, u.a. aufgrund eines Mangels an digitalen Kompetenzen. 2023 verfügte in Deutschland etwa jede zweite Person über mindestens basale digitale Kompetenzen. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit unter dem Durchschnitt.
Trotz allgemein verbesserter wirtschaftlicher Entwicklung werden weniger Maßnehmen im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung durchgeführt als noch vor der Corona-Pandemie. Branchen, die als wissensintensiv gelten (u. a. Information/Kommunikation, Gesundheits- und Sozialwesen) sowie jene der nichtgewerblichen Wirtschaft (u. a. Erziehung und Unterricht) haben ihre Weiterbildungsaktivität am schnellsten wieder ausgebaut.
Die Vielzahl zum Teil parallel bestehender Förderprogramme von Bund und Ländern, die mehr Teilnahme an Weiterbildung anregen sollen, ist unübersichtlich, ihre Wirkungen sind kaum evaluiert. Im Fokus steht derzeit die Förderung der Weiterbildung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), von gering Qualifizierten ohne einen Ersten Schulabschluss sowie von Beschäftigten, deren Tätigkeit vom Strukturwandel bedroht ist.
Insgesamt ist zu beobachten, dass die Politik zwar ein hohes Interesse an Weiterbildung verkündet, die Umsetzung in die Praxis aber noch stockt. Weiterbildungsangebote und –förderprogramme müssen für Interessierte übersichtlicher gestaltet und mehr beforscht werden. Für erfolgreiche Maßnahmen muss mehr Geld in die Hand genommen werden. Nur so kann das Angebot gehalten sowie die nötige Digitalisierung vorangetrieben werden.
Auf die Entwicklungen in den Bereichen Arbeitsmarktdienstleistungen, Integrationskursen, Schulische Ausbildungen sowie (Fach-)Hochschulen wird in weiteren Artikeln eingegangen. Der gesamte Bildungsbericht kann hier eingesehen werden.
ⓘ Weiter zu Teil 2 der Artikelserie: Arbeitsmarktdienstleistungen und Integrationskurse